
Industrielle Teilereinigung International - Interview mit Gerhard Koblenzer, CEO LPW Reinigungssysteme
Industrielle Reinigungstechnik made in Germany ist international gefragt. Wie können die meist mittelständigen Unternehmen aus der Bauteilreinigungs-Branche im internationalen Wettbewerb bestehen? Oberfläche-Online Chefredakteur Oliver Missbach unterhält sich dazu im Interview mit Gerhard Koblenzer, CEO der LPW Reinigungssysteme.
Frage: „Herr Koblenzer, LPW war in diesem Jahr bereits auf zwei Auslands-Messen und gerade sind Sie auf dem Weg zur dritten, der PMTS in Cleveland. Wie hoch ist der Anteil ihrer ausländischen Geschäftsaktivitäten und wie kam es dazu?"
Gerhard Koblenzer: „Der Anteil schwankt über die Jahre gesehen zwischen 30 und 60 Prozent. Das ist im Projekt- und Sonderanlagengeschäft durchaus üblich. Industrielle Reinigungstechnik made in Germany ist seit jeher international gefragt. Dennoch ist es eine Nischenbranche, getragen durch mittelständische Unternehmen mit begrenzten Ressourcen. Um diese Märkte entsprechend bedienen zu können, wurde schon Ende der 90er Jahre die Surface Alliance gegründet. Ein Verbund von inhabergeführten Mittelstandsfirmen, der heute aus den deutschen Unternehmen HEMO, LPW, dem französischen Partner Mecanolav, dem indischen Partner NGCT, Washtech in Mexiko sowie der Surface Alliance Cleaning Cooperation in den USA besteht. Hinzu kommt ein weltweites Netz an Vertriebs- und Servicepartnern der Allianz. Das war damals ein wichtiger Schritt, der heute von noch viel größerer Bedeutung ist. Denn die technologiegetriebenen Veränderungsprozesse in allen Branchen sowie neue Produktionsprozesse und Produkte haben das Aktivitätsniveau in Europa deutlich erhöht. Das wird unter anderem im High Purity-Sektor, vor allem in der Hochvakuumtechnik, sichtbar. So sind inzwischen etwa die Niederlande einer der großen direkten Bedarfsträger. Daher ist LPW dort auch auf Messen präsent. In Nordamerika sind vergleichbare Aktivitäten zu erkennen, wie sie seit 2019 auch in Europa begannen. Von daher formen sich auch hier die Möglichkeiten neu.“

Frage: „Apropos Verbunds- und Verbandsarbeit: In Ihrer Funktion als Mitglied im Vorstand des Fachverbands industrielle Teilereinigung e. V. (FiT) haben Sie die internationale Kooperation des FiT mit der amerikanischen Manufacturing Cleaning Association (MCA) mitinitiiert und koordiniert. Welche Vorteile hat diese Zusammenarbeit für beide Seiten?“
Gerhard Koblenzer: „Verbandsarbeit ist aus meiner Sicht im Allgemeinen unabdingbare Voraussetzung für einen mittelständischen Anlagenbauer, um in einem komplexen Umfeld erfolgreich zu sein. Institutionen wie der FiT ermöglichen, dass wichtige Themen gemeinschaftlich angegangen und Lösungen erarbeitet werden, die allen Akteuren dienen. Des Weiteren öffnet die Verbandsaktivität die Türen zu nationalen und internationalen Netzwerken, Fachveranstaltungen oder auch zu neuen Märkten über Partnerverbände. Die Kooperation mit dem MCA stellt diesbezüglich ein sehr gutes Beispiel dar. Der FiT unterstützt mit fachlichen Inhalten und seinem besonderen Know-how in Branchen-Themen, der MCA schafft den Zugang zu Kontakten, Netzwerken und Veranstaltungen in Nordamerika. Das unterstützt die lokalen Unternehmen, da wir besonders im deutschsprachigen Raum über die besondere Expertise in der industriellen Teilereinigung verfügen, welche auch für andere Regionen in der Welt interessant ist.“
Frage: „Was sind die Ziele der MCA-Kooperation und welche Schritte sind derzeit konkret geplant?“
Gerhard Koblenzer: „Der nächste Schritt steht jetzt auf der PMTS in Cleveland im Rahmen der begleitenden Parts Cleaning Conference an. Beide Verbände stellen ihre Zielsetzungen und Kooperationsfelder dem Publikum vor. Ziel aus Sicht des FiT ist natürlich, das amerikanische Interesse an den Themen und den Mitgliedern zu wecken. Des Weiteren zeigen wir, in welchen Gebieten der europäische Verband aktuell aktiv ist. Sei es beim Erarbeiten von Leitlinien und FiT-Whitepapern zu spezifischen Fachthemen sowie Aufgabenstellungen, die Hochschulpräsenz in Form von Fachvorlesungen, oder auch die verschiedenen Veranstaltungsformate. Kurzum: wir wollen für die US-amerikanischen Partner den europäischen Markt und dessen Ideen attraktiv machen. Eine Kooperation eben …“

Frage: "Bei einem Vortrag auf der parts2clean 2022 erwähnten Sie zudem auch die Planung der parts2clean in den USA. Hat sich das inzwischen konkretisiert?“
Gerhard Koblenzer: „Dieses Vorhaben konkretisiert sich tatsächlich. Im vergangenen Jahr gab es bereits ein Abstimmungsgespräch zwischen den Vertretern der Hannover Messe, unseren Partnern des MCA und Vertretern des FiT auf der IMTS in Chicago. Ziel war zu prüfen, ob eine Teilereinigungsmesse in Nordamerika ab 2024/2025 etabliert werden kann. Hinzu kommen bereits Gespräche mit möglichen Ausstellern aus Nordamerika und Europa. Letztendlich muss ein ernsthaftes Interesse bei Kunden/Besuchern und Anbietern an einer solchen Veranstaltung bestehen. Für die möglichen europäischen Akteure rund um die industrielle Reinigungstechnik böte eine zentrale US- Fachmesse die Möglichkeit, auf dem nordamerikanischen Markt wirklich sichtbar zu sein. Die Diskussionen sind fortgeschritten und es werden verschiedene Szenarien durchgespielt. In den kommenden Wochen wissen wir sicher mehr.“
Frage: „Wie unterschiedlich sind die Märkte in den Vereinigten Staaten und Europa respektive Deutschland?“
Gerhard Koblenzer: „Nordamerika und Europa stehen in den jeweiligen Industriefeldern vor vergleichbaren Herausforderungen. Die Ansprüche an die Produktionsprozesse unter dem Aspekt der technischen Sauberkeit steigen und fordern Kunden sowie Lieferanten. Der wesentliche Unterschied zwischen Europa und den USA liegt jedoch in dem Fähigkeits- und Erfahrungsspektrum der Lieferanten. Gerade im deutschsprachigen Raum haben sich in den vergangenen 30 Jahren erfahrene und anerkannte Spezialisten entwickelt. Seien es die Anlagen-Hersteller, die Profis in der Medienaufbereitung, Chemielieferanten mit besonderem Applikationswissen, Hersteller von Sensoren und Analysegeräten und die vielen Dienstleister rund um dieses Themenfeld. Das gibt es in dieser Dichte und dieser Expertise auf dem nordamerikanischen Markt aktuell nicht. Eine klare Chance für uns. Dafür verfügen Unternehmen in den USA über eine höhere Risikobereitschaft und die Fähigkeit, bestimmte Themen von Interesse schneller umzusetzen. Zumindest in jenen Bereichen, die wirtschaftlich erfolgsversprechend sind.“
Frage: „Der FiT sieht sich als Schnittstelle zwischen Forschung, Entwicklung und Anwendung industrieller Reinigungstechnik und hat auch Richtlinien und Leitlinien erarbeitet. Wie weit lässt sich das international standardisieren und wie kann eine Kooperation wie mit der MCA dazu beitragen?“
Gerhard Koblenzer: „Die Standardisierung ist nicht das eigentliche Ziel des FiT. Es geht um die praktische Hilfestellung bei den alltäglichen Herausforderungen für die Anwender und die Akteure innerhalb der Branche. Das schließt jedoch die Teilnahme an der Normungsarbeit, etwa in DIN-Ausschüssen, oder die fachliche Unterstützung nicht aus. Das ist ein wichtiger Anspruch der Mitglieder, auch von LPW, an den Verband. Denn darin steckt viel Arbeit für alle Beteiligten und deren Interessen. Standards und Regularien aus dem europäischen Raum finden natürlich auch in anderen Regionen der Welt Beachtung. Die Aufgabe des FiT ist daher eher zu informieren und Umsetzungsunterstützung zu geben. So wird in den USA der Einsatz verschiedener Lösemittel in offenen Prozessen diskutiert. Wir als europäische Vertreter können im persönlichen Gespräch unsere Erfahrungen im Transformationsprozess erläutern. Das aber eher in Form klassischer Netzwerkarbeit.“

Frage: „Gibt es, neben der MCA, auch andere Kooperationen mit weiteren Verbänden etwa aus Europa oder sind diese angedacht?“
Gerhard Koblenzer: „Solche Verbände entstehen dort, wo der Bedarf gegeben ist. Derzeit existiert keine dem FiT vergleichbare Institution in Europa. Es gibt deshalb Bestrebungen, den Verband mittelfristig für Mitglieder aus dem EU-Ausland zu öffnen. So wie die Geschäftstätigkeit der Mitglieder des Verbandes seit Jahren sehr international aufgestellt ist, sollte natürlich auch ein Fachverband dieses in seiner Arbeit widerspiegeln. Im ersten Schritt hat der FiT seinen Internetauftritt und seine wesentlichen Publikationen in englischer Sprache zur Verfügung gestellt. Mit Blick auf Europa und natürlich auf die Kooperation mit dem MCA.“
Frage: „Und wie stellt sich Ihre persönliche Strategie mit LPW bezüglich der Auslands-Märkte dar?“
Gerhard Koblenzer: „Wir nutzen die Kooperation unter den Surface Alliance-Unternehmen und die Aktivitäten im Verband, um auf den interessanten Kernmärkten mit unseren Produkten und Dienstleistungen weiterhin wahrgenommen zu werden und vertreten zu sein. Ein langfristiger Prozess mit stetig steigender Aktivität.““ (OM-04/23)
Zur Person
Gerhard Koblenzer ist Inhaber der LPW Reinigungssysteme GmbH, einem führenden Anbietern hochwertiger Anlagen und Verfahrenstechnologien in der industriellen Bauteilereinigung mit wässrigen Medien.
Kontakt
LPW Reinigungssysteme GmbH
Industriestraße 19
72585 Riederich (Deutschland)
Postfach 11 64, 72585 Riederich
Telefon: +49 (0)71 23 - 38 04-0
E-Mail: info@lpw-reinigungssysteme.de
www.lpw-reinigungssysteme.de
Über LPW Reinigungssysteme GmbH
Die LPW Reinigungssysteme GmbH zählen zu den führenden Anbietern hochwertiger Anlagen und Verfahrenstechnologien in der industriellen Bauteilereinigung mit wässrigen Medien. Die Systeme werden unter anderem in den Bereichen Maschinenbau, Automotive, Luft- und Raumfahrt sowie in der allgemeinen Industrie eingesetzt. Mit dem Unternehmensbereich High Purity ist LPW zudem in Branchen mit Fein- und Feinstreinigungsaufgaben wie der Medizintechnik, optischen und Halbleiter-Industrie ein gefragter Partner.