Polierwerkzeuge für hohe mechanische Belastung

Damit Polierwerkzeuge hohen Belastungen und Temperaturen standhalten, wurde eine einzigartige Herstellungstechnik entwickelt, die den PU-Polierbelag auf einer molekularen Ebene mit dem Unterbau verbindet.

Als 1959 das erste moderne Gleitsichtglas serienmäßig auf den Markt kam, war ein Durchbruch in der Brillenoptik geschafft. Seither hat sich die Fertigungstechnologie für die asphärischen Oberflächen rasant weiterentwickelt: Seit Anfang der 1990er Jahre sind die Methoden der klassischen Optik im industriellen Maßstab nicht mehr praktikabel. Denn durch den Einsatz moderner CNC-Maschinen konnte die Polierzeit asphärischer Optik von 40 auf rund vier Minuten reduziert werden. Das Problem dabei: Die erforderliche hohe Präzision von 1 µm – die im Bereich der Feinoptik noch enger ist – ließ sich mit elastischen Polierläufern nur durch langwieriges Herantasten erreichen. Spotwerkzeuge können Polierfehler hingegen von vornherein verringern und später besser korrigieren. Allerdings wirkt aufgrund der geringen Kontaktfläche deutlich mehr Kraft auf die Optik. Polierräder und -membranen müssen daher besonders hohe mechanische und thermische Eigenschaften aufweisen. Diese realisiert die OAT-Technologie GmbH durch eine einzigartige Herstellungstechnik, die den PU-Polierbelag auf einer molekularen Ebene mit dem Unterbau verbindet. So widerstehen die Werkzeuge den hohen Temperaturen von mehr als 200 °C im Wirkspalt und können pro Polierrad rund 2.000 Flächen 100-prozentig reproduzierbar bearbeiten.

Fertigung von Gleitsichtgläsern ist eine Herausforderung

Zu den spektakulärsten und zugleich am weitesten verbreiteten Einsatzmöglichkeiten für Asphären in den vergangenen 20 Jahren gehören individuell optimierte Gleitsicht-Brillengläser. Obwohl es sich dabei um Alltagsgegenstände handelt, stellen sie die Fertigungstechnik vor große Herausforderungen. Denn im Zuge der Refraktion bestimmt der Augenarzt oder Optiker nicht nur den Korrekturbedarf einer Fehlsichtigkeit wie Myopie, Hyperopie oder Astigmatismus. Hinzu kommen individuelle physische Eigenschaften wie Augenabstand, Hornhaut-Scheitelabstand, Augendrehpunkt sowie die optimale Fassungsvorneigung. Auch Nutzungsgewohnheiten wie Büroarbeit oder Outdoor-Sport können berücksichtigt werden. Eine Kombination aller Parameter ergibt eine theoretische Variantenzahl von rund 160 Milliarden Glastypen. Diese Menge an Variablen macht eine Bevorratung von Gleitsicht-Brillengläsern schlichtweg unmöglich: Sie können nur individuell auf Bedarf produziert werden.

„Die Formgebung asphärischer Optiken ist mit CNC-Maschinen technisch gut und effizient möglich“, weiß Lutz Küpper, Gründer und Geschäftsführer von OAT-Technologie. „Beim finalen Arbeitsschritt, dem Polieren, sieht es hingegen anders aus.“ Denn bei Gleitsicht-Brillengläsern dürfen optische Abweichungen höchstens 0,05 dpt betragen. Für die Fertigungstechnik bedeuten diese Anforderungen geometrische Genauigkeiten von etwa 1 µm – bei einem Gesamtpolierabtrag von rund 20 µm. Mit flexiblen Polierschalen, wie sie in den Anfängen der CNC-Fertigung in diesem Bereich genutzt wurden, können diese Toleranzen nicht so einfach eingehalten werden, da lokale Druckunterschiede sowie uneinheitliche Eigenschaften des Polierläufers Schwankungen beim Abtrag verursachen. Die Herstellung einer Optik unterliegt damit mehreren Iterationszyklen, was den Prozess aufwändig, langwierig und teuer macht – und ungeeignet für biometrische Gleitsichtgläser, die heutzutage innerhalb kürzester Zeit herstellbar sein müssen.

Einzigartige Herstellungstechnik für Spotwerkzeuge

„Um den ungleichmäßigen Polierabtrag bei Freiformoptiken zu reduzieren, verkleinerte man die Kontaktfläche zum Werkstück mithilfe sogenannter Spotwerkzeuge auf maximal 5 bis 8 mm“, erklärt Küpper. „Durch die exakte Berechnung und Steuerung einer CNC-Maschine lassen sich beliebige asphärische Flächen auf diese Weise geometriegetreu polieren.“ Allerdings ergibt sich daraus eine neue Herausforderung für die Fertigungstechnik: Um die aufwändigeren CNC-Anlagen rentabel zu betreiben, musste die bisherige Polierzeit von 40 auf rund vier Minuten verringert werden. In Kombination mit der Verkleinerung der Werkzeugfläche trifft im Wirkspalt folglich um ein Vielfaches mehr Energie auf das Glas. Neben dem hohen mechanischen Druck entstehen dort Prozesstemperaturen von mehr als 200 °C. Herkömmliche Klebstoffe, mithilfe derer der Polierbelag üblicherweise auf den Grundkörper der Polierräder oder -membranen aufgebracht wird, verspröden unter diesen Bedingungen. Dies macht nicht nur häufige Maschinenstillstände und Werkzeugwechsel notwendig, sondern reduziert auch die Formstabilität der Spotwerkzeuge selbst. In der Folge unterliegen die Polierergebnisse wieder größeren Abweichungen, die den tolerierbaren Rahmen sprengen.

Für Lutz Küpper, der als Maschinenbauingenieur beim führenden deutschen Brillenhersteller Rodenstock bereits maßgeblich an der Entwicklung der ersten Polierräder in den 90er Jahren beteiligt war, wurde schnell klar: Um die hohen Anforderungen an die mechanischen und thermischen Eigenschaften der Polierwerkzeuge zu erfüllen, muss man bei der Fertigungstechnik ansetzen. Unter dem Dach von OAT-Technologie realisiert er seit 2008 daher ein einzigartiges Herstellungsprinzip für Polierräder sowie seit 2015 auch für Poliermembranen. „Dabei wird der Polierbelag aus Polyurethan (PU) in das Material des Grundkörpers eingespritzt“, erläutert Küpper. „Es entsteht eine Verbindung auf Molekularebene, die jegliche Verwendung empfindlicher Klebstoffe überflüssig macht.“ Weil die Werkzeuge dabei in einer Form hergestellt werden, verfügen sie über eine sehr hohe Formgenauigkeit, was letztendlich die Voraussetzung für die erforderliche Reproduzierbarkeit bei den Polierergebnissen ist.

Anspruchsvolle Anwendungen in der Asphärentechnologie

Heute sind die Spotwerkzeuge von OAT weltweit in der Gleitsicht-Brillenoptik sowie der Präzisionsoptik im Einsatz. Aufgrund ihrer Robustheit und höheren Standzeit eigenen sich Polierräder dabei besonders gut zum Bearbeiten von asphärischen Brillengläsern: Sie stellen eine wirtschaftliche Lösung für eingefahrene Prozessabläufe mit bekannten Produkten dar. Poliermembranen sind hingegen flexibler und ermöglichen es, über eine separate Drucksteuerung die Spotgröße sowie den Polierdruck voneinander zu entkoppeln. Aufgrund der geringeren Belagsdicke verfügen sie jedoch über eine kürzere Lebensdauer und bieten sich daher vor allem für Kleinserien und Neuanläufe an. „Durch die mechanische und molekulare Vernetzung des PU-Belags mit dem Unterbau erreichen die Polierräder und -membranen eine deutlich höhere Standzeit als herkömmliche, mit PU beklebte Spotwerkzeuge“, ergänzt Nils Koch, Geschäftsführer der Optic & Electronic Koch GmbH, der als Vertriebspartner von OAT deren Anwender betreut. „Unsere Kunden berichten von 2.000 bearbeiteten Flächen pro Polierrad. Und zum Polieren von Teleskopspiegeln wurden OAT-Poliermembranen bereits im Dauereinsatz über fünf Tage eingesetzt.“ (OM-2/25)

Kontakt

OAT-Technologie GmbH
Auwiesenweg 10
94253 Bischofsmais (Deutschland)
Telefon: +49 (0) 9920 1807 10
E-Mail: info@oat-technologie.com
ww.oat-technologie.com

Über OAT-Technologie

Seit 2008 produziert und liefert die OAT-Technologie GmbH Polierwerkzeuge zur Herstellung asphärischer Optik und unterstützt Kunden bei Problemen sowie Entwicklungsarbeiten. Die Entwicklungsaktivitäten des Unternehmens sind eng an die Problemlagen in der optischen Industrie geknüpft und nutzen Forschungsergebnisse der Hochschulen. Das Team von OAT verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Herstellung von Asphären mit Schwerpunkt auf Entwicklung und Produktion individuell optimierter Gleitsichtgläser in der Brillenoptik.

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