Zukunftsfähige Lackieranlagen für den Maschinenbau

Im Maschinenbau werden oft völlig veraltete Lackieranlagen betrieben oder externe Lohnbeschichter beauftragt. Ein Whitepaper von Forschungsexperten erläutert, warum die Branche in zukunftsfähige Lackieranlagen investieren sollte.

Der deutsche Maschinenbau betreibt oft völlig veraltete Lackieranlagen oder macht sich von externen Lohnbeschichtern abhängig. Um Flexibilität, Effizienz und Resilienz zu steigern, sollte die Branche in zukunftsfähige Anlagen investieren, wie Experten vom Fraunhofer IPA jetzt in einem Whitepaper darlegen.

Die Firma LHY Powertrain, vormals bekannt als Linde Hydraulics, stellt in Aschaffenburg unter anderem Pumpen, Motoren und Ventile her. Die fertigen Produkte werden in der hauseigenen Lackieranlage weitgehend automatisiert nasslackiert. Doch das war nicht immer so. Noch bis 2016 betraute das Unternehmen einen externen Lohnbeschichter mit diesem letzten Produktionsschritt – mit allen Konsequenzen: Es fehlte an Flexibilität, an Kontrolle und Einflussmöglichkeiten bei Qualitätsmängeln und Reklamationen sowie an eigenen Kompetenzen auf diesem Gebiet. Höhere Stückzahlen führten unweigerlich zu steigenden Transportkosten und größerem Planungsaufwand in der Logistik. Man hatte sich abhängig gemacht. So wie seinerzeit LHY Powertrain arbeiten bis heute viele Maschinenbauunternehmen mit Lohnbeschichtern zusammen und sind letztlich nicht Herr über die Nasslackierung oder Pulverbeschichtung ihrer eigenen Produkte. Und auch das ist in der Branche weit verbreitet: Lackieranlagen aus den Achtziger- oder Neunzigerjahren – hoffnungslos veraltet. »Mit solchen Anlagen ist es nicht mehr möglich, die Qualität der Produkte zu steigern und auf die gestiegenen Marktanforderungen zu reagieren«, warnt Volker Wegmann vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA. »So wird der Lackierprozess zum Bottleneck in der Wertschöpfungskette.«

Whitepaper über zukunftsfähiges Lackieren im Maschinenbau

»Es wird Zeit, dass der Maschinenbau der Lackiertechnik mehr Aufmerksamkeit schenkt, sich die entsprechenden Fachkompetenzen ins eigene Unternehmen holt und zukunftsfähige Lackieranlagen aufbaut«, rät Oliver Tiedje, Geschäftsbereichsleiter Beschichtungen und multifunktionale Materialien am Fraunhofer IPA. Er hat deshalb zusammen mit Wegmann und weiteren Kollegen das gerade erst erschienene Whitepaper »Zukunftsfähig Lackieren im Maschinenbau« geschrieben. Darin legen die Autoren nicht nur ausführlich dar, welche Vorteile eine vorausschauend geplante Inhouse-Lackieranlage bietet, sondern zeigen auch, auf welche Kompetenzen es dabei ankommt.

»Lackieranlagen sind häufig 30 Jahre lang in Betrieb«, sagt Wegmann. »Man muss also nicht nur den aktuellen Stand der Technik genau kennen, sondern auch abschätzen können, welche neuen Verfahren und Materialien in Zukunft kommen. Außerdem fließt bei der Planung Fachwissen aus mehreren wissenschaftlichen Disziplinen ein: Ingenieurwesen, Chemie, Physik, oft auch Biologie – und Betriebswirtschaftslehre, denn natürlich muss sich die Anlage auch rechnen.« Fundiertes Wissen statt Bauchgefühl also.

Forschungsteam plant energieeffiziente und flexible Nasslackieranlage

Als LHY Powertrain das Fraunhofer IPA damit beauftragte, eine zukunftsfähige Lackieranlage für das Unternehmen zu planen, erarbeitete ein interdisziplinäres Forschungsteam zunächst einen Anforderungskatalog mit allen Kriterien, die die Anlage erfüllen sollte. Dann begannen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der eigentlichen Planung. Heraus kam dabei eine energieeffiziente und flexible Nasslackieranlage unter anderem mit »Power & Free«-Fördertechnik inklusive Farbsortierpuffer, Neun-Zonen-Vorbehandlung und Hochrotationszerstäubern mit Farbwechsel im Roboterarm inklusive Molchtechnik zur Reduzierung der Materialverluste. Integriert wurde in die Anlage außerdem ein kombinierter Haftwasser- und Decklacktrockner mit mehreren Strängen für die Trocknung von dünnen und dicken Bauteilen sowie ein Vision-System zur Werkstückerkennung und Lackierprogrammerstellung.

»Eine zukunftsfähige Lackieranlage zu planen ist kein unlösbares Problem und vor allem nichts, was man lange vor sich herschieben sollte«, sagt Wegmann. »Und wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich ja Hilfe holen.«  (OM-2/25)

Whitepaper »Zukunftsfähig Lackieren im Maschinenbau«

Das Whitepaper »Zukunftsfähig Lackieren im Maschinenbau« steht kostenlos zum Download bereit.

Kontakt

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
Nobelstr. 12
70569 Stuttgart (Deutschland)
www.ipa.fraunhofer.de

Über das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA)

Das Fraunhofer IPA wurde 1959 gegründet und beschäftigt annähernd 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Organisatorische und technologische Aufgabenstellungen aus der Produktion machen Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte aus. Methoden, Komponenten und Geräte bis hin zu kompletten Maschinen und Anlagen werden entwickelt, erprobt und exemplarisch eingesetzt. Die 19 Fachabteilungen des Fraunhofer IPA decken den gesamten Bereich der Produktionstechnik ab und arbeiten interdisziplinär mit Industrieunternehmen der Branchen Automotive, Maschinen- und Anlagenbau, Elektronik und Mikrosystemtechnik, Energie, Medizin- und Biotechnik sowie Prozessindustrie zusammen.

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