
Wie Lackier- und Beschichtungsbetriebe wertvolles Wissen bewahren
Lackier- und Beschichtungsbetriebe drohen wertvolles Fachwissen zu verlieren, wenn Mitarbeiter etwa in den Ruhestand gehen. Daher ist ein strukturierter Wissenstransfer unerlässlich, um Wissen im Unternehmen zu erhalten.
Wenn erfahrene Fachkräfte in den Ruhestand gehen, droht wertvolles Wissen zu verschwinden. Besonders in der Oberflächentechnik, wo Prozesse komplex sind und jahrelange Erfahrung für optimale Ergebnisse sorgt, ist strukturierter Wissenstransfer unerlässlich. Wie kann Wissen identifiziert, dokumentiert und weitergegeben werden? Ein bewährtes Instrument ist die Wissenslandkarte.
Wenn Fritz Müller geht, bleibt dann sein Wissen?
Fritz Müller [Name/Persona erfunden] ist seit 45 Jahren in der Oberflächentechnik tätig. Seit jeher arbeitet er im selben Betrieb. Er kennt jede Beschichtungsanlage, jedes Lacksystem und weiß genau, was wann und wie zu tun ist, wenn die Beschichtung nicht perfekt ist. Allerdings steht Fritz kurz vor dem wohlverdienten Ruhestand – und mit ihm droht ein unersetzlicher Wissensschatz verloren zu gehen. Was in Jahrzehnten gewachsen ist, kann nicht in wenigen Wochen an eine Nachfolge übergeben werden. Woran liegt das?

Lackiertechnik-Wissen ist mehr als nur Information
Wissen sind in einen Erfahrungskontext gebettete Informationen. Doch was bedeutet das genau? Ein technisches Datenblatt beschreibt den Lackierprozess für das Lacksystem, aber erklärt nicht, warum eine spezielle Vorbehandlung bei bestimmten Substraten besser funktioniert. Diese Art von Erfahrungswissen ist das Rückgrat eines jedes Beschichtungsbetriebes - und es geht dann verloren, wenn Menschen aus dem Betrieb ausscheiden und das Wissen vorher nicht transferiert wurde.
Die Wissenslandkarte – eine Methode zur gezielten Identifikation von transferrelevantem Wissen
Um wertvolles Wissen systematisch zu übertragen, benötigen Betriebe eine klare Struktur. Die Wissenslandkarte in Form einer vorstrukturierten Mindmap ist ein bewährtes Instrument, um transferrelevantes Wissen zu identifizieren. Dabei wird Wissen in verschiedene Kategorien eingeteilt:
• Fachwissen: Materialien, Beschichtungsverfahren, Fehleranalysen
• Arbeitsorganisation: ERP-Systeme, Stammdatenpflege, Prozesssteuerung
• Projektwissen: Planung neuer Lackieranlagen, Einführung neuer Lacksysteme, Lessons Learned aus vergangenen Projekten
• Netzwerkwissen: Interne Kontakte, Kontakte zu Lieferanten, Forschungseinrichtungen, Branchenverbänden
• Unternehmenskultur: Werte, Hierarchien, Kommunikationswege
• Führungswissen: Teamführung, Konfliktmanagement, Entscheidungsprozesse
• Historienwissen: Entwicklung von Prozessen und Strukturen
Nachdem das Wissen durch die Wissenslandkarte sichtbar gemacht wurde, geht es darum, jedes einzelne Wissensgebiet gezielt zu betrachten. Welche Informationen sind für die Zukunft besonders wichtig? Wie kann dieses Wissen so dokumentiert werden, dass andere es leicht verstehen und nutzen können? Dies kann durch Gespräche, schriftliche Anleitungen oder Video-Tutorials geschehen. Entscheidend ist, dass das Wissen nicht nur gesammelt, sondern auch aktiv an andere/die nächste Generation weitergegeben wird.

Wissenstransfer – nicht nur ein Thema für Renteneintritte
Der Renteneintritt ist ein offensichtlicher Anlass für den Wissenstransfer, doch auch temporäre Ausfälle – sei es durch Krankheit, Urlaub oder Elternzeit – können Lücken im Betriebswissen hinterlassen. Unternehmen der Oberflächentechnik sollten deshalb nicht erst handeln, wenn ein Experte in Rente geht, sondern Wissenstransfer als kontinuierlichen Prozess etablieren.
Fazit: Wissen für Lackier- und Beschichtungsbetriebe bewahren
• Wissen ist mehr als Information – es ist Erfahrung, die einen Betrieb am Laufen hält.
• Die Wissenslandkarte hilft, transferrelevantes Wissen zu identifizieren und zu strukturieren.
• Wissenstransfer sollte als kontinuierlicher Prozess betrachtet werden, nicht nur als Maßnahme bei Renteneintritt.
Betriebe, die den Wissenstransfer strategisch angehen, sichern ihre Zukunft und bleiben wettbewerbsfähig. (OM-3/25)
Autoren
Elena Schüßler-Roggenhofer, Wissensmanagerin/Wissenstransfer
Markus Vüllers, Business-Coaching für Beschichtungsunternehmen