Empa: Dünne Zwischenschichten stärken mehrschichtige Werkstoffe

Um Satelliten vor Temperaturextremen zu schützen, kommt eine mit Aluminium beschichtete Polymerfolie zum Einsatz. Forschende der Empa Thun machen das Material durch den Einsatz einer hauchdünnen Zwischenschicht noch widerstandsfähiger.
Forschende der Empa in Thun untersuchen die für Satelliten und Raumsonden zentrale Multilayer-Insulation, eine aus mehreren polymeren Lagen mit meist aluminiumhaltiger Metallbeschichtung aufgebaute Superisolation, die auch von Rettungsdecken bekannt ist. An Bord von Raumfahrzeugen schützt sie die Elektronik vor extremen Temperaturschwankungen von bis zu 150 Grad zwischen sonnenzu- und sonnenabgewandter Seite. Da die Isolation direkt den Weltraumbedingungen ausgesetzt ist, kommt meist das widerstandsfähige Polymer Polyimid zum Einsatz. Nebst seiner Temperatur- und Vakuumbeständigkeit zeichnet sich dieser Kunststoff auch dadurch aus, dass die Aluminiumschicht darauf besonders gut anhaftet. Verantwortlich dafür ist eine wenige Nanometer dünne Zwischenschicht zwischen Polymer und Metall, die Empa-Forscherin Barbara Putz nun gezielt untersuchen und nutzen will. Ziel ist es, die Eigenschaften der Superisolation gezielt einzustellen und damit sowohl künftige Satelliten als auch flexible Elektronik auf der Erde zu verbessern. Für dieses Forschungsvorhaben hat sie 2020 den «Ambizione Grant» des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) erhalten.
Fünf Nanometer dünne Zwischenschicht
Für ihre Untersuchungen nutzen Putz und ihre Doktorandin Johanna Byloff ein Modellsystem: eine 50 Mikrometer dicke Polyimid-Folie, beschichtet mit 150 Nanometer Aluminium. Zwischen dem Metall und dem Kunststoff bringen die Forscherinnen eine nur fünf Nanometer messende Beschichtung aus Aluminiumoxid an. Um eine saubere Verarbeitung zu gewährleisten, nutzen die Forscherinnen eine Beschichtungsmaschine des Empa-Spin-offs Swiss Cluster AG, das 2020 von Forschenden des Labors «Mechanics of Materials and Nanostructures» gegründet wurde. Das Gerät machen es möglich, mehrere Beschichtungsverfahren hintereinander auf dasselbe Werkstück anzuwenden, ohne es aus der Vakuumkammer zu nehmen. «Unsere Materialkombination entspricht derjenigen, die für Weltraumanwendungen eingesetzt wird », sagt Byloff. «Nur bildet sich die Oxid-Zwischenschicht dort auf natürliche Weise, während wir sie gezielt herstellen, wodurch sich die Eigenschaften einstellen lassen.» Das 21 auf 14 Meter messende Sonnenschild des Weltraumteleskops verdeutlicht auch die Ansprüche, die im Weltraum an das Material gestellt werden. Neben den grossen Temperaturunterschieden sind die isolierenden Schichten auch mechanischen Belastungen ausgesetzt. «Zum einen war das Sonnenschild beim Start des Teleskops verstaut und musste sich am Einsatzort entfalten, ohne dass die Schichten reissen oder sich voneinander ablösen», erläutert Byloff. «Zum anderen können Partikel und Weltraummüll die Folie beschädigen. Dabei ist es wichtig, dass die Beschädigungen lokal bleiben, und sich nicht als lange Risse über die ganze Oberfläche ausbreiten.»
Dünne Zwischenschicht macht das Material robuster
Ihre Modell-Folie haben die Forscherinnen auf Herz und Nieren untersucht, Dehnungsversuchen und Temperaturschocks unterzogen und chemisch und physikalisch charakterisiert. Das Ergebnis: Die Zwischenschicht macht das Material dehnbarer und deutlich resistenter gegen Risse und Scherkräfte. Als nächstes wollen die Forscherinnen die Dicke der Schicht variieren und sie auf anderen Polymersubstraten anwenden. «Die natürliche Zwischenschicht bildet sich nur auf Polyimid und nur in der Dicke von fünf Nanometern, was ihre Nützlichkeit einschränkt», sagt Barbara Putz. «Wir erwarten, dass unsere künstliche Zwischenschicht Mehrlagensysteme auf anderen Polymeren ermöglicht, die bisher wegen schlechter Anhaftung der Beschichtung gar nicht in Frage kamen.» Ein grosses Anwendungsgebiet für ihre Forschung sehen Putz und Byloff auch im Bereich der flexiblen Elektronik, die ebenfalls auf metallbeschichteten Polymersubstraten basiert. Dünnschicht-Komponenten für elektronische Geräte weisen in der Regel mehrere Schichten aus verschiedenen Materialen auf. Aber auch dort liessen die mechanischen Eigenschaften durch den gezielten Einsatz von dünnen Zwischenschichten verbessern.