
Korrosionsschutz-Dualsystem aus Kaltverzinkung und Pulverlack
Als Alternative zur klassischen Feuerverzinkung von Stahlsubstraten wurde ein neuartiges Korrosionsschutz-Dualsystem aus Kaltverzinkung und Pulverlack entwickelt. Es kann als energiesparendere Variante in Beschichtungsbetrieben eingesetzt werden.
Für den Korrosionsschutz von Stahl sind, neben klassischen Nasslackbeschichtungen, Duplex-Systeme (Feuerverzinkung + organische Beschichtung, z.B. Pulverbeschichtung) seit langem weit verbreitet und haben sich bewährt. In letzter Zeit treiben aber steigende Energiepreise die Kosten der sehr energieintensiven Feuerverzinkung in die Höhe. Auch sehen sich Sachverständige immer wieder mit Reklamationen oder Schadensfällen konfrontiert und wissen, dass eine qualitativ gute Pulverbeschichtung auf verzinktem Stahlbauteilen nicht immer leicht zu realisieren ist.
So sind neben den zusätzlichen mechanischen Bearbeitungsschritten der Oberflächenvorbereitung, wie Feinputz oder Sweep-Strahlen, auch die Stahlsorte, genauer gesagt bestimmte Silizium- und Phosphorgehalte der Legierung, wichtig für ein fehlerfreies Erscheinungsbild ohne Pickel, Krater und Ausgasungserscheinungen. Aber genau darauf hat der Beschichter wenig Einfluss und kann nur versuchen, diese durch gewisse Methoden, wie zum Beispiel dem Tempern (verzinkte Bauteile vor dem Beschichten bei Einbrennbedingungen von 180-200 °C im Ofen vorbehandeln), zu minimieren. Manchmal hilft das jedoch auch nicht, sodass für einen vermeintlich einfachen und schnell durchführbaren Beschichtungsauftrag, ein erheblicher Mehraufwand durch Anschleifen und Überbeschichten entsteht.

Hochzinkhaltige Korrosionsschutzgrundierung auf Nasslackbasis und Pulverbeschichtung
Vor diesem Hintergrund hat sich die Dr. Herrmann GmbH & Co. KG mit der Firma Vestocor GmbH als Lackhersteller für Korrosionsschutzsysteme und dem Lackierzentrum Reichenbach GmbH (LZR) als kompetenter Beschichter für Nass- und Pulverlack zusammengetan, um ein neuartiges Beschichtungssystem aus hochzinkhaltiger Korrosionsschutzgrundierung auf Nasslackbasis und widerstandsfähiger Pulverbeschichtung zu entwickeln. Ziel war es, das Beste aus den beiden Welten zu vereinen und somit eine qualitative Korrosionsschutzalternative zur Feuerverzinkung zu entwickeln, die Beschichtungsbetriebe direkt bei sich anwenden und dadurch ihr Portfolio erweitern können.
Dieses Forschungsprojekt wurde im Zeitraum 2021 bis 2023 bearbeitet und durch die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) gefördert. Zunächst musste jedoch die Frage beantwortet werden, warum keine zinkhaltige Pulverlackgrundierung verwendet werden sollte. Um eine gute Korrosionsschutzwirkung zu erhalten, muss der Zinkanteil sehr hoch sein (> 90 % im Trockenfilm). Ein Pulverlack kann aufgrund seiner chemisch-physikalischen Gegebenheiten nicht so hoch gefüllt werden, damit dieser Effekt zum Tragen kommt. Im Nasslack kann hingegen sehr viel Zink eingebracht werden, wodurch die angestrebte Korrosionsschutzwirkung auch erreicht wird.
Suche nach geeignetem Bindemittelsystem
Als erstes musste ein geeignetes Bindemittelsystem gefunden werden, welches den hohen Temperaturen von 180-200 °C beim Einbrennvorgang der Pulverbeschichtung standhält. Die Wahl fiel zunächst auf hochzinkhaltige Silikonharz- und Ethylsilikat-Systeme. Die Verträglichkeit zwischen der Grundierung und der darauffolgenden Pulverbeschichtung auf Polyesterbasis zeigte sich als sehr gut, aber die Ergebnisse der mechanischen Belastungstests und der Korrosionsprüfungen waren nicht zufriedenstellend. Dies lag wahrscheinlich hauptsächlich an den relativ spröden Bindemittelsystemen, bei welchem zusätzlich ein recht enger Schichtdickenbereich eingehalten werden musste, was in der Praxis oft schwierig zu realisieren ist.
Daraufhin erfolgten Untersuchungen mit einem alternativen Bindemittel auf Epoxybasis, wobei das Zink zum einen in Pulver- und zum anderen in Plättchenform, den sogenannten Flakes, hinzugemischt wurde. Beide Systeme zeigten nach entsprechender Vorbehandlung durch Tempern und Pulverbeschichten mit Polyester-Decklack einen sehr guten Verlauf, inklusive Kantenabdeckung und sehr gute mechanische Eigenschaften sowie einen hervorragenden Korrosionsschutz im neutralen Salzsprühnebeltest.

Vergleich des Dual-Systems mit konventionellen Korrosionsschutzystemen
Die Schwierigkeit für einen direkten Vergleich der Ergebnisse mit konventionellen Systemen, wie zum Beispiel Verzinkung + Pulver oder Stahl + Pulvergrundierung + Pulverdecklack, liegt in der Auswahl der heranzuziehenden Norm für die Auswertung. Für Nasslacksysteme gilt die DIN EN ISO 12944, welche eine Korrosion von maximal 1,5 mm am Ritz festschreibt und keine Angaben zu einer möglichen Enthaftung aufzeigt. Für Pulverlack gilt die DIN 55633 bzw. 55634, welche die Korrosion auf maximal 1,0 mm und die Enthaftung auf Stahl mit 3,0 mm sowie auf verzinktem Stahl mit 8,0 mm festlegt.
Bei dem neuartigen System hat der Nasslack den direkten Kontakt zum Stahlsubstrat, weswegen der Grenzwert für die Korrosion (1,5 mm) der DIN EN ISO 12944 angewandt wurde. Da aber auch die Enthaftung einen entscheidenden Einfluss auf die Optik und das weitere Korrosionsverhalten hat, wurde für deren Grenzwert die DIN 55633 bzw. 55634 (3 bzw. 8 mm) verwendet. So konnten mit dem neuartigen Dualsystem die Korrosionskategorie C4 und C5 hoch realisiert werden. Es wurden bessere Ergebnisse erzielt, als verschiedene Vergleichsvarianten auf Stahlmaterial, welche nur mit Pulvergrundierung und Decklack beschichtet waren.
Interessante Korrosionsschutz-Alternative für Beschichtungsbetriebe
Auch im direkten Vergleich zu feuerverzinkten und pulverbeschichteten Stahlblechen zeigte sich eine deutlich geringere Enthaftung. An die hervorragenden Korrosionsschutzeigenschaften der Feuerverzinkung mit kathodischer Fernwirkung kam das neue System jedoch nicht ganz ran. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass trotz des hohen Zinkanteils, die einzelnen Partikel teilweise doch durch die Bindemittelmatrix isoliert werden und somit die elektrische Leitfähigkeit nur eingeschränkt vorliegt.
Nichtsdestotrotz konnten hervorragende Ergebnisse erzielt werden, wodurch das System eine interessante Alternative für Beschichtungsbetriebe sein kann, die ihr Portfolio so um eine energiesparendere Variante erweitern können. (OM-7/24)
Autor
Dr. Paul Förster, Dresden, Leitung Forschung & Entwicklung / Schadensfallanalytik, Dr. Herrmann GmbH & Co. KG
Kontakt
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Zentrum für Korrosionsschutz und Pulverbeschichtung KG
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Dr. Herrmann GmbH & Co. KG
Das Team des chemisch-analytischen Gutachterlabors der Dr. Herrmann GmbH & Co. KG beschäftigt sich bereits langjährig mit der Analyse von Stör- und Schadensfällen rund um die Themen Korrosionsschutz, Beschichtungsstoffe (insbesondere die Pulverbeschichtung), Oberflächenvorbehandlung und Oberflächenvorbereitung. Die Kernkompetenz liegt hierbei auf dem Gebiet der Ursachenklärung für die Schadensentstehung, in der Betriebsberatung und der Qualitätsoptimierung.