Weltweit größtes Forschungsnetzwerk IGF akut gefährdet

Das weltweit größtes Forschungsnetzwerk „Industriellen Gemeinschaftsforschung“ (IGF), welches aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert wird, ist bedroht: Die Forschungsförderung läuft zum Jahresende aus, da das BMWK das bestehende Förderprogramm in der jetzigen Form offensichtlich beenden will.
Die IGF ist das weltweit größte Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk kleiner und mittelständischer Unternehmen. Mehr als 25.000 Unternehmen, überwiegend KMUs, und 1.200 Forschungseinrichtungen, sind aktuell in das Förderprogramm der „Industriellen Gemeinschaftsforschung“ (IGF) eingebunden. Sie arbeiten in zurzeit 1.900 Forschungsprojekten daran, dass Deutschland künftig bei Themen wie Mobilität, Materialforschung, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit die Nase vorn hat. „Ein Erfolgsmodell der vorwettbewerblichen Kollaboration und des Technologie-Transfers, das in seiner Struktur weltweit einmalig ist und einen elementaren Beitrag zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit am Innovations- und Technologiestandort Deutschland leistet“, so Dipl.-Ing. Jens Jerzembeck, Geschäftsführer der Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e. V. des DVS, der eine von insgesamt 100 Forschungsvereinigungen, die Teil der IGF sind, leitet. Doch mit diesem Erfolgsmodell könnte künftig Schluss sein, fürchtet Dipl.-Ing. Rainer Salomon, Geschäftsführer der FOSTA – Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V.: „Im Koalitionsvertrag heißt es zwar, dass die Forschungsvereinigungen gestärkt und weiterentwickelt werden sollen. Ende Juni haben wir jedoch auf ‚kaltem Weg‘ davon erfahren, dass das BMWK das bestehende Förderprogramm in der jetzigen Form beenden will. Was derzeit hinter verschlossenen Türen ausgearbeitet wird, ist völlig unklar. Auf Anfrage wurde uns lediglich mitgeteilt, dass zurzeit eine Neuordnung des Programms in Vorbereitung sei.“ Sie soll bereits zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Dazu Jerzembeck: „Zu keinem Zeitpunkt wurden die Forschungsvereinigungen in den Entscheidungsprozess einbezogen. Wir sind besorgt, dass damit ein über Jahrzehnte gewachsenes Forschungsnetz quasi im politischen Handstreich ohne Not zerstört wird.“
„Ein innovativer Mittelstand ist für die nachhaltige Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ein entscheidendes Asset, gerade bei den Themen Ressourceneffizienz, Klima und Energie, Mobilität und Digitalisierung“, sagt Jerzembeck. Investitionen in die Innovationskraft zu reduzieren, sei angesichts der aktuellen wirtschaftspolitischen Herausforderungen nicht der richtige Weg: „Der Staat investiert bereits jetzt zu wenig Mittel in die mittelstandsorientierte Branchenforschung“, so Jerzembeck. Deren Relevanz unterstreicht die DVS-Präsidentin Dipl.-Betriebsw. Susanne Szczesny-Oßing: „Wir leben von der Technologieführerschaft, die durch Forschung praxisnah sichergestellt sein muss. Mit gut 25 Mrd. Euro Umsatz ist die Branche europaweit führend.“ Insgesamt 429.000 Beschäftigte sind derzeit in ihrer Branche tätig. „Mehr Fortschritt wagen, heißt für uns, es gemeinsam zu wagen. Denn das ist ein Teil der DNA der Industriellen Gemeinschaftsforschung“, so Jerzembeck. „Mit den Forschungsvereinigungen verfügt Deutschland über ein Forschungsnetzwerk, um das uns die Welt beneidet. Wir sollten alles daransetzen, dass auch künftig der Brückenschlag von der Forschung in die Anwendung optimal gewährleistet ist und dort feinjustiert wird, wo es nötig ist – gemeinsam mit allen Beteiligten, an einem Tisch.“